sei dir treu bis zu deinem tode dann wirst du tragen die krone des lebens
Neuer unbekannter Weg
Vor ein paar Jahren, als ich mit meiner Familie im Urlaub in Italien war, hatte ich den Gedanken, dass ich gerne mal an einem Nachmittag eine Wanderung von ein paar Stunden machen möchte. Ganz alleine.
Ich tanzte mehrere Tage vor diesem Entschluss, vor dieser Ent-scheidung, dies auch umzusetzen, hin und her. Es ging auch darum, mir dieses persönliche Bedürfniss zu erfüllen.
Unser Feriendomizil befand sich in dem Ort Sant’Agata sui Due Golfi. Es ist in der Nähe der Amalfiküste und der Ort liegt schön gelegen auf 400 Meter über dem Meer.
Ich beschloss nun, einen offiziellen Wanderweg hinunter zum Meer zu wandern. Mit dem Ziel, in einem kleinen Badeort nach getaner Arbeit, baden zu gehen. Es war mehr ein verdientes Erfrischen.
Das war mein Ziel.
Danach würde ich mich dann ausruhen und mit dem Bus wieder zurück zu meiner Familie fahren.
Da dieser Wanderweg ein offizieller Wanderweg war, machte ich mir keine unnötigen Gedanken , er war ja ausgeschildert und eben ein Weg. Ein vorbereiteter Weg, den ich nur gehen müsste.
Und es ging nur bergab. Also leicht, es dürfte nicht schwer werden.
Und das Wetter war natürlich grandios.
Ich ging nun los, bekleidet mit einer Mütze, einer kurzen Hose, einem leichtem Hemd und Outdoor Sandalen. Im Rucksack befand sich eine Flasche Wasser und mein Tabak.
Ich hatte mich für diesen Weg vorbereitet.
Und ich freute mich, dass ich was für mich alleine mache, beziehungsweise, dass ich mich selbst an die Hand nahm und los ging. Da war eine richtige Bereitschaft da.
Dies war deutlich für mich zu spüren.
Anfänglich ging der Weg durch den Ort, ich lief und sah hier und da, links und rechts von der Straße Gebäude, Höfe, Gärten mit Tomaten und Gemüse. Oder einfach nur von der Hitze ausgedörrte Wiesen, leer oder mit Viechern darauf.
Ich sah Katzen, die sich an den Abfällen zu schaffen machten und bellende Hunde, welche ihren Hof beschützten oder sie lagen im Schatten und dösten vor sich hin.
Und es fanden Begegnungen mit Menschen statt, mit denen ich beim Vorbeigehen in Kontakt ging.
Kontakt in Form einer kurzen Begrüßung, sei es einem „salve“, einem leichten Lächeln oder einem Nicken.
Als ich aus dem Ort heraus kam, sah ich die Ausschilderung des Wanderweges und ich war erleichtert, dass ich den Einstieg schaffte und ihn nicht übersah.
Ich ging weiter, zuerst ein breiterer unbefestigter Weg, dann wurde der Weg schmäler. Ich sah wieder ein Hinweisschild und wusste wo es lang geht. Anfänglich sah ich noch Menschen, die in ihren Gärten am Rande des Ortes ihre Zeit verbrachten.
Dann wurde es ruhiger um mich herum, der Weg wurde noch kleiner und zunehmend unbefestigter. Jetzt fing es auch an, dass ich den Weg manchmal kaum noch erkennen konnte.
Die Beschilderung ließ nach, das heißt ich fand zunehmend weniger Hinweise in welche Richtung ich gehen sollte. Das Gestrüpp nahm seitlich, meines vermuteten Weges, immer mehr zu.
Der kaum erkennbare Weg wurde nochmals zunehmend schmaler, gerade noch zwei Füße breit.
Das Gestrüpp wuchs höher und schützte sich mit den Dornen an seinen Ästen.
Dies bemerkte ich erst dann, als ich ein Brennen an meinen Beinen verspürte und als ich nachsah entdeckte ich, dass sie bereits von den Ästen und Dornen leicht blutig waren.
Ich dachte verwundert „ oh, ich bin ja verletzt worden ohne dass es mir bewusst war , ich habe es ja gar nicht bemerkt“ .
Die Sonne und mit ihr die Luft wurde immer heißer, trotz Nähe zum Meer.
Ich merkte, dass ich zunehmend unsicherer wurde, was den richtigen Weg betraf. Es stieg in mir eine leichte aber auch zunehmende Angst auf.
Und plötzlich gab es gar keine Beschilderung mehr . Ich suchte, schaute immer wieder um mich, konnte es gar nicht verstehen dass ich keine Hinweise mehr fand. Dies kannte ich von Wanderwegen in Deutschland und Frankreich nicht. Dies war ungewöhnlich.
Trotz dieser zunehmenden Unsicherheit und Besorgtheit , ob ich noch auf dem richtigen Weg war,auch im Zweifel, noch mein Ziel zu erreichen, blickte ich immer wieder einmal auf das fantastische Panorama, was sich auf der linken Seite mir bot.
Ich sah von hoch oben über die nach unten abfallende Klippen das Meer bis zum Horizont .
Es war ein fantastischer Blick!
Durch die Hitze und dem zunehmend anstrengenden Weg hielt ich immer wieder einmal kurz inne, machte eine kleine Pause, trank etwas und rauchte eine Zigarette. Ich musste aufpassen, dass ich kein Feuer aus versehen noch entfache durch die Kippe.
Es war dann tatsächlich so, dass ich vom Weg abkam, mich verlief und dann wieder ein Stück zurück musste, weil es ganz einfach da nicht mehr weiter ging.
Und plötzlich fand ich in dieser Wildnis eine Treppe. Mitten in der Wildnis, mitten in der Pampa.Ich konnte es gar nicht glauben.Es waren einfache Steinstufen, die schon zum Teil fast zugewachsen waren.
Zum einen war ich ganz verunsichert was ich hier sah und zum anderen fiel mir ein großer Stein vom Herzen.
Der Stein war auch deshalb so groß, weil ich Angst bekam, dass ich mich komplett verlaufe, dass es zu spät wird, da sich langsam auch schon die Sonne nach Westen neigte und ich nichts mehr, in dieser Hitze, zu trinken hatte.
Diese uralte Treppe führte mit bestimmt gefühlten 800 – 1000 Stufen von noch hoch oben nach unten zu meinem Ziel. Sie endete für mich auch unglaublich – in einem schicken Restaurant.
Ich stand plötzlich völlig erschöpft, verschwitzt, an den Füßen, Beinen und Armen gekennzeichnet durch die Dornen, mit verrissener Hose und verrissenem Hemd mitten in diesem schicken Laden.
Ich dachte “ wie kann es solche Kontraste geben, unglaublich.. „
Ein Kellner kam gleich auf mich zu und fragte „ where do you come from? “.
und ich sagte „ from Sant’Agata“,
und er fragte mich verwundert “ allone???“
und ich sagte „ yes ! “
Dann verdrehte er die Augen, schüttelte leicht mit dem Kopf und sagte
„ Mamma mia… “
Und ich schmunzelte leicht verunsichert.
Als ich im Anschluss auf einem Barhocker saß und eine eiskalte Cola und eine selbst gedrehte Zigarette genoss, dachte ich –
„ Ich bin so stolz, dass ich mich noch ent – scheiden konnte, diesen Weg für mich zu gehen.“
Auch wenn er mir zunächst unbekannt war. Ich war zu Beginn zuversichtlich, muss sagen, dass ich ihn unterschätzt habe.
Ich begegnete unerwartete Gefahren, Zweifel, Unsicherheit, Ängsten und Verletzungen.Ich bewegte mich in mir nicht vertrautem Terrain.
Ich erlebte aber auch Zufriedenheit, wachsendes Selbstvertrauen, Zuversicht, Überraschungen und einen herrliche Ausblick auf das Meer bis zum Horizont.
Und letztendlich Stärkung, obwohl es sich längere Zeit wie zunehmende Schwächung anfühlte
Ich ging dann an den Strand und belohnte mich mit einem erfrischenden Bad im Meer und fuhr dann wieder mit dem Bus sehr zufrieden zu meiner Familie, die schon besorgt auf mich wartete.
Da dies alles – mein neuer unbekannter Weg – länger ging als erwartet.
Und unsere Vermieterin der Ferienwohnung empfang mich offensichtlich auch erleichtert, da sie diesen Weg schon kannte.
Zum Ausruhen
immer und überall
Im Wandel zwischen den Geschichten
Der Raum zwischen den Worten
Was ein Kind wirklich braucht